Gruppe als schützender Raum …
Gruppendynamik entsteht dadurch, dass Menschen in einer Gemeinschaft, in einem System bzw. einer Gruppe dazu tendieren, bestimmte Rollen einzunehmen und einander zuzuweisen. Die Dynamik entsteht durch eine Fixierung bzw. die Flexibilität solcher Rollen. Bei der Analyse der jeweiligen Gruppendynamik sollte die Betrachtung und Reflexion Bezug auf die verschiedenen Rollen der Teilnehmer nehmen. Ein besseres Verständnis der eigenen unbewussten Rollenanteile und Verhaltensmuster kann wesentlich dazu beitragen, in Gruppensituationen die Übersicht zu behalten und die eigene emotionale Balance zu verbessern.
Eine wichtige Behandlungsform, die gruppendynamisches Gedankengut einsetzt und integriert, ist die Gruppenanalyse. Kerngedanken und Ansätze der Gruppenanalyse basieren auf einer Synthese von psychoanalytischen Behandlungstechniken, systemischen Ansätzen und pragmatischem Einsatz von kommunikationstheoretischen Methoden.
Ein wesentlicher Kernpunkt der Theorie der Gruppenanalyse ist die Annahme, dass im Verlaufe des gruppenanalytischen Prozesses in der Gruppe aus der freifließenden Kommunikation der Gruppenmitglieder ein Kommunikationsgewebe entsteht in der Art einer gemeinsamen Matrix.
Sicherer Rahmen für Entwicklung
Im Verlauf des Gruppenprozesses richtet sich die Kommunikation der Mitglieder zunehmend aufeinander aus, und mit gewachsener Gewissheit von Empathie und einer gegenseitigen Unterstützung nimmt der Austausch persönlicher und privater Inhalte zu, und diese unterstützende Funktion wird zu einem der Hauptwirkfaktoren in der Gruppe.
Der verlässliche schützende Rahmen ermöglicht es den Gruppenmitgliedern, auch über ihre Lebensgeschichte zu berichten und durch Innenschau und Selbstreflexion zu einer schrittweisen Klärung eigener emotionaler Verstrickungen zu gelangen. Von besonderem Nutzen ist dabei, dass durch die Äußerung eines Mitgliedes immer auch die anderen angeregt werden, ähnliche Probleme in ihrem Leben zu erkennen und zu äußern. Sie können untereinander von den sonst verschwiegenen Problemen der anderen lernen, und zugleich wird Teilnehmern einer solchen Gruppe oft bewusst, wie sie mit manchen ihrer Probleme nicht alleinstehen und dass sie sich deretwegen auch nicht zu schämen brauchen.
Ein weiterer Aspekt des gruppenanalytischen Settings liegt darin, dass durch die Anwesenheit mehrerer Personen sowohl die Kindheitssituation in der Herkunftsfamilie als auch die der aktuellen Bezugsgruppen im Leben der Gruppenmitglieder gleichsam in die Gruppe hineingetragen werden können, in Teilaspekten sich in anderen Teilnehmern der Gruppe wiederspiegeln können oder als durch diese repräsentiert empfunden werden.
Durch solche emotionalen Rollenzuweisungen, die der Einzelne an andere Gruppenteilnehmer gleichsam vergibt, können unbewusst frühere, z.B. Kindheitssituationen, oder auch ungeklärte oder unübersichtliche aktuelle Situationen nachgestellt und im Wiedererleben bearbeitet und besser verstanden werden.
Grundlagen des gruppentherapeutischen Settings
Zentrale Grundlagen des gruppentherapeutischen Settings sind absolutes Einhalten der Schweigepflicht nach außen hin sowohl bezüglich der Teilnehmer einer Gruppe als auch bezüglich aller Themen und Inhalte, zudem verbindliche Einhaltung zwischenmenschlicher Regeln von Höflichkeit und Wertschätzung. Dem/der Gruppenleiterin obliegt es, den Gruppenprozess kontinuierlich zu unterstützen, zu fördern, zu regulieren und zu steuern und für die Einhaltung der Regeln zu sorgen.
Rahmen des Behandlungssettings
In der Behandlung finden gruppenanalytische Therapien in der Regel in Kleingruppen mit 5 – 9 Teilnehmern im “slow-open“-Setting statt, d.h. in einer auf längerfristige Teilnahme angelegten konstanten Gruppe, wobei erst bei Ausscheiden eines Mitgliedes der betreffende Gruppenplatz wieder neu besetzt wird. Potentielle Teilnehmer sollten bedenken, dass eine Teilnahme eine Festlegung für etwa 3 Jahre erforderlich macht und dass die Krankenkassen ggf. höchstens eine „Anschubfinanzierung“ leisten.